Auge um Auge (Conlyn)

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Steff
Schnitter
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Registriert: Do 16. Jul 2009, 14:05

Auge um Auge (Conlyn)

Beitrag von Steff »

Über Leylins und Melvyns Sohn Conlyn ist uns allen wenig bekannt. Aus den verstreuten Hinweisen in der Elfenritterreihe, sowie den Beschreibungen in Elfenkönigin ist folgendes Szenario in meinen Gendanken entstanden.

Viel Spaß dabei!


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Es war der zweite Tag, an dem er auf dem großen Innenhof der Kasernen kämpfte. Die Sonne prallte vom klaren Himmel herab und zeichnete flirrende Schatten zwischen die sich duellierenden Kampfpaare. Der Klang vom Schlagwechsel ihrer Klingen hallte von den Wänden der Soldatenunterkünfte wider. Am Rand des sandigen Kampffelds ging mit aufmerksamen Blick dieselbe Elfe auf und ab, die auch schon am Vortag eine Auswahl der neuen Rekruten getroffen hatte. Ihr Name war Elanel und ebenso wie all die anderen Krieger, die er hier angetroffen hatte, war sie in Schwarz gekleidet.
Conlyn machte einen Ausfallschritt und umrundete flink seine Kampfpartnerin. Sie war schnell genug, seinen Schlag zu parieren, doch ihre Gegenwehr wurde schwächer, sie war erschöpft. Die letzten Minuten hatte sie damit verbracht, so sehr mit ihrem Schwert auf ihn einzudreschen, dass sich ihr rötliches Haar aus dem Zopf löste und ihr nach und nach immer mehr die Sicht versperrte. Conlyn parierte ihre Schläge mit leichten Schritten und kurzen Bewegungen. Er ahnte, dass dies ein langer Tag werden würde und wollte nicht gleich zu Anfang seine Kräfte verbrauchen.
Er musterte sein Gegenüber genau bei ihrem Schlagwechsel, um ihre Schwächen herauszusehen. Dabei viel ihm auf, dass dies in der kurzen Zeit, die er in Albenmark lebte, die erste Elfe mit rötlichem Haar war, die ihm begegnete. Es erinnerte ihn an das krause Haar der Fjordländer, sowie das von Kadlin, seiner verstorbenen Tante. Beim Gedanken an sie schlich sich unfreiwillig das Gesicht von Swana, Kadlins Tochter, in seine Erinnerung. Auch um ihretwillen war er heute hier, obwohl er sich geschworen hatte, nie wieder zurückzukehren ...
Einem Impuls folgend setzte er zu einem weiteren Ausweichmanöver an und schlug ihr mit einer plötzlichen Drehung aus dem Handgelenk das Schwert aus der Hand. Die Elfe schaute erst verwundert auf ihre Waffe auf dem Boden, dann grimmig hoch zu ihm, ehe sie sich wohl oder übel nach ihr bücken musste. Die kurze Pause nutzte Conlyn, um einen Blick auf die anderen Kampfpaare zu werfen, die neben ihnen um einen Platz innerhalb der Einheit fochten. Schon gestern war ihm aufgefallen, dass er besser als die meisten und schlechter als niemand war. Er hatte zuvor nie gegen einen anderen Elfen gefochten, sondern erlernte den Schwertkampf teils von seinem Vater und nachdem dieser gestorben war von den Kriegern Firnstayns. Bereits mit Siebzehn schmiss er alle Menschenkinder in den Staub. Jahrelang hatte er zudem allein in unzähligen Stunden an seinem Fechtstil geübt. Doch an die Eleganz der Kämpfer, die er am gestrigen Abend hier auf dem Platz nach dem ersten Durchgang zur Auswahl der Rekruten gesehen hatte, reichte er nicht heran.
Viele behaupteten, dass die Schnitter die beste Kampfeinheit Albenmarks war, selbst Ollowains legendäre weißgekleideten Elfenritter sollten in Sachen Tödlichkeit in ihrem Schatten stehen. Doch das war nicht der Grund, aus dem Conlyn mit großem Unwillen zurück nach Langollion gekommen war, um in die Reihe der Schnitter aufgenommen zu werden. Leider hatte sich dieser Grund bisher noch nicht auf dem Kampfplatz sehen gelassen.
'Vielleicht sollte ich hoffen, dass er überhaupt nicht kommt', dachte Conlyn mit zusammengekniffenen Augenbrauen. 'Er wird mich töten, wenn er mich erkennt.'
Conlyn versuchte sich einzureden, dass das nicht passieren würde. Als er das erste Mal hier gewesen war, hatte er ihn nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Hinzu kam, dass er damals erst dreizehn Jahre alt gewesen war. 'Und dann vierzehn und fünfzehn und dann fast sechszehn und fast tot.'
Tot wie seine Eltern es heute waren, tot wie Kadlin und Swana.
Der Kampf mit seiner Kontrahentin begann von neuem . Diesmal war es Conlyn, der sein Gegenüber in die Defensive drängte und ihr einen Hieb nach dem anderen verpasste. Doch die Gedanken des dunkelhaarigen Elfen hingen wie so oft in der Vergangenheit. Er konnte sich noch genau an den Tag erinnern, an dem die Häscher der dunklen Fürstin gekommen waren, um sie aus der brennenden Hütte inmitten der Wälder des Fjordlandes zu ziehen, die bis zu diesem Tag seine Heimat gewesen war. Nur ihn und seine Mutter hatten sie mitgenommen, nach Albenmark. Diese geheimnisvolle Welt, in der seine Eltern geboren worden waren, die er selbst aber niemals zuvor zu Gesicht bekommen hatte. Was einst in den Erzählungen seiner Kindertage wie eine Welt voller aufregender Abenteuer erschienen war, hatte sich zu einem einzigen Albtraum entwickelt. Eine winzige Kammer in einem abgelegenen Gewölbe war zu seinem Gefängnis geworden, in dem er sich vergessen geglaubt hätte, wäre nicht dreimal am Tag ein Kobold gekommen, um ihm Wasser und Essen zu bringen.
Diese Zeit sah er merkwürdigerweise deutlicher in seinen Erinnerungen, als den Moment, an dem seine Zelltür geöffnet wurde und nicht der schweigsame Kobold, sondern sein in den Flammen verstorben geglaubter Vater Melvyn in der Tür stand, um ihn zu befreien. Damals schon war es ihm wie ein eigenartiger Traum vorgekommen. Gemeinsam mit seiner Mutter waren sie entkommen, doch nicht weit genug. Der Sohn der Fürstin hatte sie gestellt.
Das furchtbare Geräusch, das erklungen war, als er sein Schwert gezogen hatte, die Kälte seiner schwarzen Augen. Conlyn hatte das nie vergessen. Auch nicht, wie Leylin sich schützend vor Melvyn gestellt und gerufen hatte, dass es ihre Schuld war. Im Wirrwarr ihres Flehens war immer wieder ein Name erklungen: Shandral ...
Dann waren andere schwarz gekleidete Kämpfer hinzugekommen und riefen nach Tiranu, dem Fremden. Sie hatten sich schützend um den Fürstensohn gereiht, um den damaligen Magier zu schützen. Conlyn hatte die Chance genutzt und war auf das Drängen seiner Eltern hin geflohen, allein. Ohne zu wissen, wohin er gehen sollte, und warum all dies geschehen war. Der junge Elf hatte nicht bemerkt, ob er verfolgt wurde oder nicht. Ein Waldstück war zu seiner Rettung geworden, dort hatte er sich vor möglichen Gefahren verbergen können. Seine Eltern waren nicht nachgekommen und er war zu feige gewesen, um umzukehren.
Nach seinem Entkommen war er in den Untergründen Langollions umhergestreift und hatte dort herausgefunden, wer der Elf mit dem Namen Shandral gewesen war und aus welchem Grund Alathaia sie gefangen gehalten haben musste. Geschlafen hatte er damals nicht, und seit er erfahren hatte, dass seine Eltern die Begegnung mit den Schnittern nach ihrer Flucht nicht überlebt hatten, konnte er es nicht mehr. Erst nachdem Silwyna erschienen war, um den Tod ihres Sohnes zu vergelten, hatte er eine kurze Ruhe für seine aufgekratzte Seele gefunden.
Mit Silwynas Hilfe war er zurück in die Welt der Menschen gelangt, nach Firnstayn. Dort hatte er herausfinden müssen, dass Swana, die zur jungen Frau herangewachsen war, während seiner Gefangenschaft im Kindbett verstorben war. Er hatte sich nicht einmal von ihr verabschieden können...
An diesem Tag hatte Conlyn seine Entscheidung getroffen.

Das angestrengte Keuchen seiner Gegnerin holte ihn aus seinen Gedanken zurück. Er versuchte, seinen Zorn niederzuringen und sich auf den Grund seiner angestrebten Rekrutierung zu besinnen. Alathaia war tot, durch die Hand Silwynas gestorben. Doch die Kinder der Fürstin waren jeglicher Strafe für ihre Verbrechen entkommen.
Tiranu trug nun die Fürstenkrone. Noch. Wenn sein Plan aufging und er in die Reihen der Schnitter aufgenommen wurde, konnte er seine Rache nehmen. 'Er wird mich nicht erkennen. Er hat mich nur ein einziges Mal im Dunkeln gesehen. Ich sehe aus wie ein Elf und genauso werde ich auch meine Rache nehmen. Ein Mensch würde vielleicht einen anderen, simpleren Weg gehen. Doch ich werde erst sein Vertrauen gewinnen und dann zuschlagen, wenn er es am wenigsten erwartet. Er soll mir in die Augen sehen und sagen, wie sehr er es bereut...'
In diesem Augenblick stellten die meisten Fechter ihren Kampf ein und blickten zum Rand des Kampfplatzes. Conlyn und seine Kontrahentin kamen dem nach und seine dunklen Augen formten sich zu Schlitzen, als er die hochgewachsene Gestalt erkannte, die sich neben Elanel eingefunden hatte.
Conlyns Finger krallten sich fester um den Griff seines Schwertes, als Tiranu erst einen flüchtigen Blick auf die Rekruten warf und sich dann leise mit Elanel unterhielt. Conlyn konnte nicht verstehen, was die beiden sagten.
Dann verkündete Elanel die Namen der neuen Rekruten, die es vorerst in die Reihen der Schnitter geschafft hatten. Wenn sie sich in der nächsten Zeit weiterhin bewiesen, würden sie zu Kämpfern der Einheit werden.
Conlyns falscher Name war unter ihnen.
Er hatte lange nicht mehr gelächelt, doch in diesem Augenblick tat er es. Tiranu hätte ihn töten sollen, als er die Möglichkeit dazu gehabt hatte. Denn von nun an waren seine Tage gezählt ...
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Chrisantiss

Re: Auge um Auge (Conlyn)

Beitrag von Chrisantiss »

Sehr spannend und gut geschrieben. Bin gespannt, wie es weiter geht.
Magathi

Re: Auge um Auge (Conlyn)

Beitrag von Magathi »

Kann mich nur anschließen :D Wäre mega gespannt auf eine Fortsetzung....
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