Schwüre (Mandred, Freya)

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Steff
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Registriert: Do 16. Jul 2009, 14:05

Schwüre (Mandred, Freya)

Beitrag von Steff »

Mandreds Schicksal ist uns allen hinlänglich bekannt, ich muss nur immer daran denken, wie sehr Freya in dieser Geschichte leiden musste.


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Nur wenige Male in seinem Leben hatte er wahre Angst empfunden, wie bei seinem ersten Kampf mit einer Streitaxt gegen einen richtigen Feind, bei seiner ersten Schlacht an der Seite seines Königs in Fargon, sowie bei seiner Ernennung zum Jarl. Bei all diesen Dingen war es auch für einen Fjordländer nicht schändlich, Angst und Respekt zu empfinden.

Mandred Torgridsohn erinnerte sich an die Worte, die seine Mutter einst zu ihm gesagt hatte: Eine Ehe konnte zu einem weitaus gefährlicherem Kampf werden als der, den Krieger mit ihren Äxten ausfochten. Heute war der Tag gekommen, an dem er sich in ebenjenen Kampf stürzen würde. Und er empfand Angst.
Sein langes rotes Haar war mit Öl eingerieben und zu schweren Zöpfen geflochten worden. Es glänzte wie Kupfer als er die lange Gasse zwischen den Fackeln entlang schritt. Die Anwesenden fokussierten seinen festen Gang zum Rhythmus der Trommeln aus nachtdunklen Augen . Er hatte seine prächtigste Kleidung aus feinem Hirschleder angelegt, auf seinen Hüften funkelten kleine Metallarbeiten auf dem breiten Gürtel, an dessen Seite eine langstielige, polierte Axt hing.
Zwischen den vielen Dorfbewohnern Firnstayns, die gekommen waren, um der Hochzeit ihres Jarls beizuwohnen, hatten sich auch die Jarls anderer Dörfer des Fjordlands eingefunden. Doch Mandred hatte kaum Augen für sie. Nach der Zeremonie würde noch genug Zeit bleiben, seine Gäste willkommen zu heißen. Als sich die Reihen etwas lichteten, konnte er sie seit den letzten drei Tagen das erste Mal sehen.
Freya.
Sein Mädchen mit dem Haar in der Farbe der Sterne in einer warmen Sommernacht, von welchen sie schon so viele auf den Wiesen über dem Hartungskliff verbracht hatten. Wie auch sie ihn erblickte, zeigte sie das Lächeln, das sie allein ihm schenkte und keinem sonst. Die Grübchen auf ihren farbigen Wangen brachten sein Herz dazu, in seiner Brust zu rebellieren. Ihr Gesicht war so schmal, doch ihre braunen Augen verliehen ihm eine solche Ausdrucksfähigkeit, dass sie keine Worte benötigte. Nicht für ihn. Und heute Nacht würde er ihr Gesicht das erste Mal sehen, wenn sie sich vor Ektase gegen ihn aufbäumte.
Ihr feingliedriger, jedoch äußerst weiblicher Körper war in ein enges weißes Kleid aus gebleichtem Leder gehüllt. Sie ging barfuß und auf ihrem hellen Haupt trug sie einen Kranz aus geflochtenen Gräsern und weißen Blüten.
Er konnte keine Angst in ihrem Gesicht sehen, nur die Sehnsucht. Seine Unsicherheit war augenblicklich abgefallen, da er sie gesehen hatte. Er konnte es kaum erwarten, mit ihr die Schwüre füreinander im Angesicht der Gäste und Götter zu sprechen, ehe sie im alten Brauch zu schneller Musik um den Stein tanzten.
Mandred wusste, dass Freya seine Gefährtin war. Seine Instinkte ließen ihn nicht zweifeln, dass das schmächtige Mädchen seiner Kindertage, mit dem er zusammen den Geschichten der Dorfgreise über die geheimnisvollen Albenkinder gelauscht hatte, zu ihm gehörte. Schon damals hatte sie sich immer an ihn geklammert, wenn in einer der Legenden die kaltherzigen Elfen auf Streifzüge gingen, um wehrlose Menschenkinder in ihre Anderswelt zu entführen.
Der Jarl Firnstayns schwor seiner Gemahlin an diesem Abend vor den Göttern seine ewige Treue, seinen Schutz vor Feind und Trauer und seine ewig währende Liebe. Keinen dieser Schwüre sollte er jemals brechen, wenn er nicht die Missgunst der Götter wecken wollte. Auch Freya sprach ihre Schwüre, die ihr Treue und Fürsorge abverlangten. Besiegelt wurde ihr Bund mit der Leerung eines Methorns, das sie sich genseitig reichten.
Jubelrufe erklangen und das Spiel der dumpfen Trommeln setzte erneut ein, als der Gemahl sein Weib zu dem großen, von Feuern beleuchteten Stein führte, das ihrem Dorf seinen Namen gab. Schon ihre Ahnen bekundeten ihre Liebe im Tanz um den Stein beim ausgelassenen, dreitägigem Fest nach der Zeremonie der Schwüre. So rund wie möglich waren zahllose Bänke aufgestellt worden, an denen sich die Gäste niederließen, um den ersten Tanz der Frischvermählten zu sehen.

Der Rhythmus der Trommeln wurde schneller, wilder und der Tanz begann. Mandred war wie gebannt vom Anblick des wiegenden Körpers seines Mädchens, seiner Frau im Schein des Feuers. Er war nie ein sonderlich guter Tänzer gewesen, doch als er sich dem Klang der Musik und der Verführung in seinen Armen hingab, vollführten sich seine Bewegungen wie von selbst.
Der Jarl wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als die Gäste entschieden, dass sie lange genug mit trockenen Kehlen zugeschaut hatten. Sie schlugen die Fässer an und der Met floss. Bauern, Hausfrauen, Waschweiber, Krieger und Jarle standen auf und erhoben ihr Trinkhorn auf das Ehepaar.
Es kam ihm wie der Anfang eines Traumes vor, als er Freyas Stimme ganz nahe an seinem Ohr vernahm: "Von nun an vermag uns nichts mehr zu trennen."
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