Streichekönigin (Yulivee)

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Steff
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Registriert: Do 16. Jul 2009, 14:05

Streichekönigin (Yulivee)

Beitrag von Steff »

Hier meine zweite Kurzgeschichte, diesmal mit Yulivee. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie Elfenlicht richtig gut aufgemischt hat. Aber lest selbst ;)

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Alvias' harte Augen durchbohrten ihren Blick und forderten eine zufriedenstellende Antwort. Der Hofmeister wirkte wie stets von der Arbeit vom Schlaf beraubt, jedoch bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. Mit verschränkten Armen stand er abwartend vor ihr und den anderen weiß gekleideten Elfenmaiden. Alle versuchten, dem Blick des Hofmeisters auszuweichen. Einzig Yulivee sah sich schon ihres Stolzes wegen gezwungen, den Blick zu erwidern.
"Ich werde nichts anstellen", erwiderte die Magierin in den Diensten Emerelles dem Drängen von Alvias'.
Dieser schien mit der Antwort zwar nicht eben sonderlich zufrieden, doch gab er den anderen Zofen Emerelles einen Wink, dass sie sich entfernen konnten. Als Yulivee sich ihnen anschließen wollte, hörte sie nur ein dunkles Räuspern: "Nicht so schnell, Yulivee."
Die junge Elfe verzog das Gesicht und wandte sich wieder dem Haushofmeister Elfenlichts zu. Ihr Versuch, entschuldigend zu lächeln, schien bei Alvias nicht zu fruchten.
"Erinnerst du dich noch an die Ausmaße deines letzten Streichs?", zischte er sie mit drohendem Unterton an. "Die Tochter des Grafen traut sich bis heute kaum in die Öffentlichkeit ..."
Yulivee machte den Mund auf, um etwas dazu zu sagen, doch Alvias kam ihr zuvor: "Schweig, ich warne dich! Solltest du mit deinen verrückten Phantastereien auch dieses Fest ruinieren, wird dir die Strafe, die ich dir das letzte Mal verpasst habe, wie eine unterhaltsame Freizeitbeschäftigung erscheinen!"
Damals war sie tagelang in ihren Gemächern eingesperrt gewesen, bis sie endlich ausreichend reuevolle Entschuldigungsbriefe an Emerelle, den Grafen und natürlich dessen Tochter verfasst hatte. Alvias hatte nach ihren ersten kläglichen Versuchen den Spott wohl deutlich aus den Briefen herauslesen können, denn er hatte sie anschließend zwingen wollen, ihre Haut mit dem selben Mittel einzureiben, das sie zuvor in die Phiolen der Grafentochter geschüttet hatte. Am anderen Morgen war das arrogante, selbstherrliche Ding mit stechend grüner Haut aufgewacht, die nicht einmal mit der Hilfe von Magie so schnell wieder zu dem zarten Porzellanton zurückfinden wollte. Emerelle hatte Yulivee vor dieser Strafe geschützt und über sie stattdessen mit einem Augenzwinkern zwei Wochen Arbeit in der Bibliothek verhängt - dass dies für Yulivee wirklich wie eine Freizeitbeschäftigung vorkam, musste Alvias nicht wissen.
"Ich bin schon mit ganz anderen Unruhestiftern als dir fertig geworden!", setzte Alvias nach kurzer Pause nach und machte auf dem Absatz kehrt, um sie allein zurückzulassen. Yulivee sah im lächelnd hinterher. Sie kannte die Namen jener Unruhestifter nur zu gut, wurden sie doch von den Koboldkindern in der Burg mit mindestens ebenso viel Ehrfurcht in der Stimme genannt, wie die Namen großer Helden. Peinlich war es für den Hofmeister, da einer dieser Unruhestifter sein eigener Sohn Jornowell höchstselbst gewesen war. Yulivee hatte sich fest vorgenommen, einst als allererste in dieser ungeschriebenen Liste genannt zu werden.

Am Abend hatte sie ihr Haar in der Tradition ihrer Vorfahren geflochten und aufwendig um ihren Kopf gewickelt. Gemeinsam mit den anderen Maiden Emerelles wartete sie vor der Tür der Königin auf deren Erscheinen, um sie in den Festsaal zu geleiten, wo das Fest zur Wintersonnenwende beginnen würde.
Neben ihr stand ihre Freundin Talia und blickte besorgt zu ihr: "Du wirst dieses Mal doch auf Alvias hören, oder? Immerhin hast du ihm dein Wort vor den Augen von uns allen gegeben."
Yulivee sah sie herausfordernd an: "Das Problem von Alvias wird nicht das sein, was ich anstellen werde, sondern das, was ich schon angestellt habe. Wenn ich überhaupt mein Wort gegeben habe, dann auf das erstere."
Talia wollte geknickt etwas erwidern, doch in diesem Moment schwang die Tür auf und Emerelle trat aus ihren Gemächern. Gekleidet war sie in ein nachtblaues Gewand mit goldenen Intarsien, es wurde auf der Taille von einem breiten Gürtel auf gezwirbeltem Altgold gehalten. Auf ihrem schmalen Gesicht trug sie wie immer ein warmes Lächeln für ihre Maiden.
Die anderen Mädchen überschlugen sich darin, Emerelle mit Komplimenten zu überhäufen, bis sie den Gang in den westlichen Festsaal begannen. Auf dem Weg flüsterte ihr Talia zu: "Ich hoffe, du hast dir das gut überlegt..."
Das hatte sie. Und Yulivee zweifelte an ihrem Plan keine Sekunde, in der sie in der Reihe der Mädchen hinter Emerelle wie Soldaten in hübschen Kleidern hinterherlief. Sie hatte nicht vor, ewig in den Diensten Emerelles am Hof zu bleiben. Es blieb ihr nicht mehr viel Zeit. Hinzu kam, dass Jornowell seltenerweise am heutigen Fest teilhaben würde - und was würde ihr mehr Ruhm versprechen, als ihm einen Streich spielen zu können?
Das Fest begann mit einem großen Bankett, zu dem sich alle Gäste an langen Tafeln niedergelassen hatten. Am Kopf der Halle stand die längste Tafel quer zu den restlichen auf einem Podest. In deren Mitte nahm Emerelle unter der Beobachtung aller Platz.
Musikanten spielten leise auf Lauten, zu deren Klang die Gespräche der Gäste harmonierten. Die Tafeln waren mit dem feinsten Porzellan gedeckt, der dunkle Wein in den Kristallgläsern funkelte wie Blut im Licht der Kerzen. Etliche Blumengestecke aus fernen Regionen Albenmarks brachten neben der ausgefallen Kleidung einiger Gäste Farbe in den Saal.
Während der sieben Gänge stand Yulivee stetig unter dem aufmerksamen Blick Alvias', was sie allerdings kaum beunruhigte. Dennoch hielt sie aufgeregt den Atem an, als nach dem letzten Gang das folgte, worauf sie den ganzen Abend hingefiebert hatte - und Alvias selbst spielte den Auslöser, indem er mit dem Messer leicht an sein Glas tippte, um die Aufmerksamkeit der Gäste auf Emerelle zu lenken.
Die Königin erhob sich mit dem plötzlich auftreten Schweigen und griff nach ihrem Weinkelch - in ebenjenen Moment drang lautes Schreien aus mehreren Kehlen durch die Stille, gefolgt von erschrockenem Keuchen, wenig kreativen Flüchen und dem Krachen von umgefallenen Stühlen.
Durch die Luft schwirrten die ersten Lichtgestallten, deren Flügel golden schimmerten. Viele hundert weitere lösten sich von den Stilen der Blumen auf den Festtafeln. Das magische Licht hatte die Form unzähliger Schmetterlinge angenommen, die durch den aufgewühlten Hofstaat flatterten.
Yulivee konnte nicht lange an sich halten und begann schallend zu lachen, als eine Hofdame wie verrückt auf ihr Haar einschlug, um den sich dort niedergelassenen Lichtschmetterling zu vertreiben.
Als ihr vor Lachen die Tränen in die Augen stiegen, wurde ihr am Rande bewusst, dass es dieses Mal verdammt viele Entschuldigungsbriefe zu verfassen geben würde, als ein Elf von seinem Stuhl fiel und seine Frau bei dem Versuch, sich festzuhalten, gleich mit auf den Boden beförderte.
Jedoch bemerkte sie auch viele lachende Gesichter und befand damit ihren Streich als durchaus gelungen. Zufrieden wie eine vollgefressene Katze schaute sie hinüber zu Alvias, der noch immer sein Messer in der Hand hielt, es mittlerweile aber aufgegeben hatte, sich gegen die Schmetterlinge zu verteidigen.
Nach wenigen Minuten war der Zauber erloschen. Die allerletzten schienen hiernach begriffen zu haben, dass die Insekten aus Licht völlig harmlos waren und versuchten, mit dem letzten bisschen Würde gequält zu lächeln und zu ihren Plätzen zurückzufinden. Natürlich fragte sich jeder - laut oder stumm - wer diesen Zauber wohl gewebt haben mochte und nicht wenige Augenpaare lagen nun auf Yulivee.
Einzig Emerelle stand mit versteinerter Miene noch immer mit ihrem Glas in der Hand und Blickte auf ihre Gäste. Im nächsten Moment erschien ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht der Königin und sie hob ihr Weinglas wie zum Trinkspruch. "Hiermit erkläre ich den langen Winter für beendet. Öffnen wir unsere Herzen für den kommenden Frühling."
Wie sie geendet hatte, hallten donnernder Applaus und laute Jubelrufe durch die Hallen. Nun schien es, als wären alle begeistert von der vermeintlich geplanten Überraschung.
Yulivee riss die Augen auf: "A- Aber... das..."
Talina neben ihr schüttelte tadelnd den Kopf: "Alvias kannst du mit deinen Streichen vielleicht in den Wahnsinn treiben, aber Emerelle lässt sich davon nicht beeindrucken!"
Nun blickte die junge Magierin trotzig drein. Keiner dieser Gäste würde jemals vergessen, was heute geschehen war, doch jeder würde nun Emerelle lobend für ihren Einfallsreichtum damit in Verbindung bringen.
Yulivee verschränkte trotzig lächelnd die Arme: "Sie muss einst wesentlich schlimmer gewesen sein als ich ..."
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Magathi

Re: Streichekönigin (Yulivee)

Beitrag von Magathi »

Bei dieser Geschichte konnte ich mir richtig bildhaft die kleine Yulivee vorstellen wie sie Schabernack treibt :D Die Story passt wirklich sehr gut zu der kleinen aufgeweckten Elfe die sie zu beginn war :)
Vanidar

Re: Streichekönigin (Yulivee)

Beitrag von Vanidar »

Guter EInfall....und eine sehr nette Geschichte! :D
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