Nachdem ich hier so viele gute Geschichten gelesen habe, habe ich fast ein bisschen Manschetten, den Anfang meiner Geschichte zu posten
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Ich hab derzeit 45 Seiten und werde wohl bei 300-400 Seiten landen, wenn ich den Plot so schreibe wie geplant, dann bin ich (vielleicht) in 5 Jahren fertig :D.
Also gut, genug gequatscht, bildet euch selbst ein Urteil (EDIT: neue Version nach Überarbeitung gemeinsam mit Sepia :D) :
Abiane lag versteckt in einem Dickicht am Rande einer kleinen Lichtung in der Nähe der Handelsstraße durch den großen Westwald. Sie hatte dem Drängen ihrer Stute nachgegeben und sich zur Quelle des Kampflärms tragen lassen, den sie von weitem gehört hatte. Das Tier hatte immer schon ein gutes Gespür dafür gehabt, wenn jemand in Not geraten war und jetzt wartete es absolut ruhig und regungslos hinter ihr. Sie konnte den warmen Atem des Pferdes in ihrem Nacken spüren, während sie das Geschehen auf der Lichtung beobachtete.
Dort war anscheinend gerade ein Überfall im Gange, denn sie zählte sieben vermummte Gestalten, die versuchten, einen jungen Mann und ein Mädchen zu überwältigen. Doch der Junge lieferte ihnen einen eindrucksvollen Kampf und hatte bereits drei von fünf getötet. Noch wollte sie nicht eingreifen, da der Junge seine Gegner ganz gut im Griff zu haben schien, doch sie hatte Bogen und Köcher griffbereit neben sich liegen. Irgendetwas an dem Jungen war merkwürdig und auch wenn sie noch nicht herausgefunden hatte, was genau ihre Aufmerksamkeit erregt hatte, so empfand sie ein Gefühl der Vertrautheit, als hätte sie ihn schon einmal gesehen. Aber wo nur?
Bevor sie den Gedanken zu Ende gedacht hatte, hörte sie plötzlich einen leisen Schrei, dann ein Wimmern im Gebüsch, nur ein paar Meter von ihr entfernt. Dann sagte eine Männerstimme: „Komm schon, zier dich nicht. Es wird dir bestimmt auch Spaß machen!“ Ein hämisches Lachen als Antwort verriet ihr, dass sie zu zweit waren. Die beiden versuchten, sich über das Mädchen herzumachen, während ihre Kameraden anderweitig beschäftigt waren.
Die Kleine rief um Hilfe und versuchte dem groben Kerl zu entkommen, doch sein Kumpan hielt sie fest und sie war chancenlos gegen die beiden. Seelenruhig legte Abiane einen Pfeil auf die Sehne und zielte. Sie hatte nicht die mindesten Skrupel, dem Leben dieser beiden widerwärtigen Geschöpfe ein Ende zu setzen.
Sekundenbruchteile später fiel der erste der beiden, der sich als ungebetener Freier versucht hatte, gurgelnd zu Boden – in seinem Hals steckte Abianes Pfeil. Als der Zweite seinen Freund stürzen sah, ergriff er die Flucht, doch in seiner Panik rannte er in die falsche Richtung – er lief geradewegs auf Abiane zu, die bereits einen zweiten Pfeil auf der Sehne hatte und schoss.
Der Pfeil traf ihn mit voller Wucht mitten ins Herz. Er strauchelte und blieb regungslos liegen. Ein metallischer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Mit schwindender Kraft griff er nach dem Pfeil in seiner Brust. Dann tauchte das Gesicht einer Frau über ihm auf, die voller Verachtung auf ihn hinabsah. ‚Eine Frau? ‘ dachte er noch und tat seinen letzten Atemzug.
Abiane nickte zufrieden, denn auch wenn ihr das Töten an sich kein Vergnügen bereitete, so war es doch gut zu wissen, dass die Welt um ein wenig menschlichen Abschaum ärmer war. Als sie über den Toten hinweg stieg, um dem Mädchen zu Hilfe zu kommen, fiel ihr etwas Merkwürdiges auf: der abgerissene graue Mantel des Mannes war ein Stück zurückgeschlagen und darunter blitzte eine nietenbeschlagene Lederrüstung mit dem Wappen eines Adligen hervor. Abiane schlug den Mantel ganz zurück und kam zu dem Schluss, dass dieser Mann keineswegs ein gewöhnlicher Tagedieb war, sondern Soldat im Dienst von Lord Esteban, dem mächtigsten Fürsten dieser Gegend. Er war dafür bekannt, sehr ehrgeizig zu sein und nicht eben zimperlich mit seinen Gegnern umzugehen. Zweifel überkamen sie: wenn das Soldaten waren, warum hatten sie sich dann verkleidet und griffen in Überzahl zwei Reisende an? Hatten die beiden sich den Lord zum Feind gemacht? Irgendwie hatte sie das Gefühl, diese zwei jungen Menschen beschützen zu müssen. Ein Schluchzen ganz in der Nähe unterbrach ihre Gedanken.
Sie schlich geduckt zu dem Mädchen, das zitternd im Gebüsch hockte, und legte den Arm um sie. Ihre langen, schwarzen Haare hingen ihr wirr ins Gesicht und die dunkelbraunen Augen sahen ängstlich zu Abiane auf. Weinend warf sich die Kleine an ihre Brust und schluchzte: „Danke, ich hatte solche Angst!“, und mit flehendem Blick fügte sie hinzu: “Bitte, Ihr müsst Evan helfen! Sie werden ihn sonst töten!“. Abiane nickte und strich ihr beruhigend über das verfilzte Haar. Dann wickelte sie ihren Umhang um sie und bedeutete ihr, ruhig an Ort und Stelle zu bleiben, was auch immer passieren mochte. Sie pfiff leise nach ihrer Stute, ließ das Pferd hinlegen und lehnte das Mädchen an den warmen Hals des Tieres.
„Wie heißt du?“, fragte Abiane drängend.
Als Antwort kam ein geschluchztes „Tiara“.
Abiane erstarrte und sah ihr forschend ins Gesicht. Ja, der Name stimmte und die Ähnlichkeit war nicht zu verkennen, wenn man genauer hinsah! Sie hatte Lord Esteban nur ein einziges Mal vor einigen Jahren bei der Hinrichtung eines Verbrechers gesehen, aber sie war sich sicher, dass dies hier seine Tochter war.
„Hat er dich entführt? Sind die Soldaten deshalb hinter ihm her?“ fragte Abiane barsch.
„Nein, bitte, Ihr versteht das falsch! Ich… ich liebe ihn und… wir sind vor meinem Vater auf der Flucht. Bitte helft ihm!“, bettelte sie.
„Helfen werde ich ihm, alles weitere werden wir sehen.“ Damit war Abiane verschwunden.
Inzwischen hatte sich der Kampf sehr zum Nachteil des Jungen entwickelt. Sie hatten ihn arg in Bedrängnis gebracht und dabei ermüdet. Seine Bewegungen waren schwerfällig geworden. Das nutzte einer der beiden jetzt aus: Er schwang sein Schwert nach oben und täuschte einen Hieb auf den Kopf des Jungen an, doch als dieser den Hieb parieren wollte, änderte er die Richtung des Schlags und stieß dem Jungen die Klinge mit aller Kraft durch die ungeschützte linke Schulter. Der Junge war einen Moment blind vor Schmerz, versuchte aber dennoch den Kampf wieder aufzunehmen. Grinsend sahen die beiden zu, wie ihm sein Schwert entglitt, er taumelte und schließlich schwer atmend und zitternd am Boden kauerte. Mit der rechten Hand umklammerte er die verletzte Schulter und Abiane konnte sehen, dass Blut zwischen seinen Fingern hindurch sickerte.
„Tja, Junge, jetzt sag Lebwohl zu deinem Flittchen. Wir werden ihr die Heimreise so angenehm wie möglich machen – oder uns.“ Ein hämisches Lachen machte klar, was er damit meinte. Das brachte den Jungen dazu, sich noch einmal aufzurappeln. Mit einem Schrei sprang er hoch und versuchte mit letzter Kraft, sich auf den Sprecher zu stürzen. Aber er war zu langsam. Der Soldat wich ihm mühelos aus und der Angriff ging ins Leere. Überrascht und wütend zugleich starrte er den Jungen an. Dann riss er ihn vom Boden hoch, zog er seinen Dolch und hielt ihn dem Jungen an die Kehle. „ Grüß den Teufel von mir, oder an wen immer du glaubst, du Missgeburt! Esteban hat gesagt ‚lebend oder tot‘ und ich denke, dass mir tot besser…“ Doch er kam nicht mehr weiter. Fassungslos starrte er die Pfeilspitze an, die aus seinem Hals ragte, dann ließ er sein Opfer los und fiel er vornüber. Seinem Kameraden erging es nicht viel besser. Als Abiane aus dem Dickicht auf die Lichtung trat, stürmte er auf blindlings auf sie zu. Sie hatte inzwischen ihr Schwert gezogen und parierte den wuchtigen, aber ungezielten Hieb ihres Gegners mühelos. Sie ließ die Klinge an ihrer eigenen abgleiten, drehte sich in derselben Bewegung einmal und enthauptete den letzten Angreifer.
Dann eilte sie zu dem verletzen Jungen, der regungslos mit dem Gesicht nach unten am Boden lag. Sie fürchtete, dass der Soldat es doch noch geschafft haben könnte, ihm die Kehle durchzuschneiden bevor er gestürzt war, doch als sie ihn umdrehte stellte sie erleichtert fest, dass er nur das Bewusstsein verloren hatte.
Sie kniete sich neben ihm ins weiche Gras und schnitt seine Kleidung auf, um die Wunde freizulegen. Dabei fiel ihr etwas merkwürdiges auf: sie hatte ihn für einen Jungen von vielleicht fünfzehn Jahren gehalten, doch als sie seinen nackten Oberkörper betrachtete korrigierte diese Schätzung um mindestens fünf Jahre nach oben – er war kein Junge, sondern bereits ein Mann. Seltsam daran war, dass er keinen Bart trug wie bei den Menschen dieser Gegend üblich, ja nicht einmal den geringsten Ansatz von Bartwuchs zeigte. Doch die Erklärung dafür würde warten müssen. Sie tastete nach seinem Puls. Sein Herz schlug noch, aber als sie die sich langsam ausbreitende Blutlache unter seiner linken Schulter sah, war sie sich sicher, dass dies nicht mehr lange der Fall sein würde, wenn sie nicht schnell handelte. Als sie sich die Wunde genauer ansah, wusste sie, dass ihre Sorge nicht unbegründet war: Die Klinge hatte seine Schulter durchbohrt und war unterhalb des Schulterblatts wieder ausgetreten. Sie musste ein größeres Blutgefäß durchtrennt haben, denn er hatte schon viel Blut verloren und blutete immer noch stark. Wenn sie ihn retten wollte, musste sie auf Magie zurückgreifen, aber sie hatte sich geschworen, ihre angeborene Gabe nicht zu benutzen, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie sah ihn an und da war wieder dieses Gefühl von Vertrautheit, das sie nicht einordnen konnte. Abiane war verwirrt: warum drängte es sie so sehr, das Leben dieses Fremden zu retten? Und auch wenn sie diese Frage für sich nicht beantworten konnte, wusste sie doch mit Gewissheit, dass sie ihn retten musste – jetzt gleich.
Also legte sie ihre Handflächen auf seine Schulter und sandte ihren Geist aus, um seinen Körper zu untersuchen. Zu ihrem Erstaunen stieß sie auf eine starke Barriere, die ihr den Zugang zu ihm verwehrte. Er leistete Widerstand gegen die Verbindung! Wie zum Teufel brachte er das fertig? Sie stemmte sich mit aller Kraft dagegen und schließlich hatte sie die Barriere überwunden, doch der latente Widerstand blieb bestehen. Sie versuchte sich zu erinnern, was sie vor vielen Jahren in den wenigen Lektionen über Heilkunst gelernt hatte und untersuchte den Schaden, den die Klinge des Soldaten hinterlassen hatte. Sie schauderte, als sie das ganze Ausmaß der Zerstörung erfasste: Offensichtlich hatte der Soldat seine Klinge gedreht, bevor er sie herausgezogen hatte! Einige wichtige Nervenverbindungen waren durchtrennt und sie fand mehrere zerrissene Venen und Arterien, aus denen ein beständiger Blutstrom kam, den sie sofort unterbinden musste.
Sie veranlasste die Gewebe, sich zu verbinden und zu erneuern und fügte so Blutgefäße und Nerven wieder zusammen. Allerdings machte ihr die Geschwindigkeit, in der dies geschah, zunehmend Sorgen: es ging zu langsam. Zu lange hatte sie ihre Gabe nicht benutzt und jetzt war sie zu ungeübt, um schnell genug handeln zu können! Sie atmete auf, als der Blutstrom endlich verebbte und sich der Kreislauf wieder stabilisierte – die unmittelbare Gefahr war gebannt.
Plötzlich riss die Verbindung ab und Abiane taumelte, dann verlor sie das Gleichgewicht und fiel rücklings ins Gras. Irgendetwas hatte sie weggestoßen! Schwer atmend setzte sie sich auf. Es dauerte einige Sekunden, bis sie begriff, was geschehen war: Ihre Kraft hatte nicht mehr ausgereicht, um die Gegenwehr des Jungen zu überwinden und er hatte sie buchstäblich zurückgestoßen! Wie war das möglich? Er war doch nur ein Mensch! Konnte es sein, dass es auch unter ihnen einige mit angeborener Begabung zur Magie gab? Sie hatte ihn nicht vollständig heilen können und hoffte inständig, dass wenigstens die Blutung zum Stillstand gekommen war, alles andere konnte auch auf herkömmliche Weise behandelt werden. Vorsichtig zog sie den Stoff des Hemds beiseite – ja, es hatte funktioniert. Zumindest vorerst kam kein frisches Blut mehr, auch wenn die Wunde immer noch ziemlich hässlich aussah. Die Wundränder waren zerfetzt und anstatt eines des glatten Schnitts, den sie erwartet hatte, klaffte immer noch ein blutiges Loch in der Schulter. Abiane seufzte. Heilen hatte nie zu ihren großen Talenten gehört!
Sie riss ein paar Streifen Leinen vom Hemd eines der Toten und legte einen strammen Verband an. Das würde reichen müssen, bis sie die beiden in Sicherheit gebracht hatte.
Als sie den letzten Streifen festzog, schlug der Junge plötzlich die Augen auf und sah sie an. Niemals in ihrem ganzen Leben würde sie diesen Augenblick vergessen! Seine Augen waren nicht blau oder braun, wie die gewöhnlicher Menschen, sondern hatten die Farbe von jungen Buchenblättern, durch die das Sonnenlicht scheint: reines, helles Grün mit goldenen Sprenkeln. Sie hatte noch nie einen Menschen mit solchen Augen gesehen!
Jäh keimte eine wilde Hoffnung in ihr auf: Konnte es sein, dass er…? Ihre Gedanken überschlugen sich, als sie sich die Geschehnisse der letzten Stunde ins Gedächtnis rief. Alles, was ihr merkwürdig erschienen war, schien sich jetzt wie ein Puzzle vor ihrem geistigen Auge zusammenzufügen: wie er mit dem Schwert umging, der fehlende Bartwuchs, der Widerstand, als sie versucht hatte ihn zu heilen, die scheinbare Vertrautheit, die sie gefühlt hatte und jetzt diese Augen. Sie musste Gewissheit haben! Sie streckte die Hand nach seinem schulterlangen, blonden Haar aus und wollte es hinter sein Ohr zurückschieben, doch dann sah sie die Angst in seinen Augen. Mit einer schwachen Bewegung versuchte er, ihre Hand wegzuschieben und flüsterte: „Nicht!“ Er versuchte ihr auszuweichen und sich aufzusetzen, doch Abiane konnte sehen, dass ihm diese Bewegung große Schmerzen bereiten musste und trat einen Schritt zurück, um ihn nicht weiter zu verängstigen. Sie musste sein Vertrauen gewinnen, sonst würde sie ihm nicht helfen können.
Schließlich entschloss sie sich, ihm zu zeigen, wer sie wirklich war und sprach ihn mit ruhiger Stimme an: „Du hast von mir nichts zu befürchten. Bitte vertrau mir, ich will dir nur helfen. Sieh her.“ Mit diesen Worten schob sie ihr Stirnband nach hinten, sodass er ihre spitzen Ohren sehen konnte. Grenzenloses Erstaunen und Verwirrung zeichneten sich auf seinem Gesicht ab, dann nickte er und ließ es zu, dass sie sein Haar zurückstrich. Abiane konnte es kaum fassen: der Junge war wirklich ein Elf! Doch statt vor einer Antwort stand Abiane nun vor neuen Rätseln: Wer war er, wo kam er her und vor allem – was hatte er hier zu suchen? Doch sie schob diese Gedanken beiseite, da er offenbar Lord Esteban in die Quere gekommen war und ihre Hilfe brauchte – fragen konnte sie später, und falls sich herausstellen sollte, dass er auf der falschen Seite stand, nun ja… Sie wollte gerade aufstehen, als sie einen leichten Druck in ihrem Rücken spürte. Der Junge starrte ungläubig auf eine Stelle hinter ihr.
„Hast du jetzt genug gesehen, um das Kopfgeld für Evan und mich bei meinem Vater einzufordern?“ fragte Tiara mit fester Stimme.
LG und in der Hoffnung auf Rückmeldungen
Abiane
P.S. Wenn es euch gefällt, ich hab noch mehr (das sollte keine gefährliche Drohung sein
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